Die Armbrustbolzen der Burg Bartenstein

Armbrustbolzen fanden sich auf Burg Bartenstein insbesondere vor der nördlichen und östlichen Ringmauer. Eine Konzentration ist für das Umfeld des inneren Tores zu konstatieren. Ein Gutteil der auf der Burg Bartenstein ergrabenen Armbrustbolzen lässt sich den Schichtenbefunden des Brandereignis von 1333 zuweisen, als die Anlage von den Hanauern erfolgreich erstürmt wurde. Dass die Armbrustbolzen in Gebrauch waren, zeigt sich an ihren leicht abgestumpften beziehungsweise verbogenen Spitzen.

Ursprünglich steckte der Armbrustbolzen auf einem starken und kurzen Schaft, hinten mit sogenanntem Flug: In Einschnitte im Schaft waren längliche Pergamentdreiecke eingesetzt, die den Bolzen während des Flugs in der richtigen Lage hielten. Die Bolzenspitze hat einen rhombischem Querschnitt. Die Spitze von der Burg Bartenstein ist aus Eisen, aber schon 1427 wurden auch stählerne erwähnt, die doppelt so teuer wie die eisernen Geschossspitzen waren.

Die Armbrust entwickelte sich aus dem Bogen. Ihr Prinzip war bereits den Römern bekannt. Aus dem lateinischen „arcubalista“ scheint auch das deutsche Wort Armbrust abgeleitet zu sein. Die Armbrust verbreitete sich in Europa am Ende des 11. Jahrhunderts so schnell, dass die römische Kirche sich genötigt sah, auf der zweiten Lateransynode 1139 diese Waffe für „mörderisch und unchristlich“ zu erklären und sie mit einem Bannfluch zu belegen.

Der Vorteil der Armbrust gegenüber dem Bogen lag bei der Treffsicherheit und der hohen Durchschlagskraft innerhalb kürzerer Distanzen. Außerdem erforderte die Armbrust weniger Übung als der Bogen. Nachteilig war jedoch, dass sie zwischen jedem Schuss aufwendig gespannt werden musste. Die langsame Schussfolge erwies sich bei Schlachten als gefährlich.

Der Hauptbestandteil der Armbrust war der meist zusammengesetzte Bogen. Ihn bildeten mehrere Schichten Zungen aus Horn oder elastischem Holz, ein andermal war der Hornkern mit Fischbeinplättchen belegt. Alles war mit Tiersehnen umhüllt und mit feinem Leder oder Pergament überzogen. Der Bogen war mit Hanf an die hölzerne Säule gebunden, auf gleiche Weise war der Steigbügel befestigt. Die Sehne war aus mehreren Dutzend quer mit Strick umwundenen Hanffasern gefertigt und mit Ösen an den Bogenenden befestigt. Beim Spannen rastete die Sehne in den Einschnitt in der meist beinernen Nuss ein. Die Nuss hatte außerdem oben einen Längseinschnitt zur Aufnahme des Pfeilendes und unten eine Vertiefung, in die das Ende des Abzugbügels eingriff. Die Oberseite der Säule war bereits im Hochmittelalter mit Bein belegt, darauf ruhte der in dem muldenartigen Steg geführte Bolzen. Direkt hinter der Nuss ging quer durch die Säule ein Eisenzapfen, der Knebel, der zur Aufnahme der Spannvorrichtung diente.

Zum Spannen des mächtigen Bogens reichte die einfache Kraft eines Menschen nicht aus. Die im 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts üblichste Spannvorrichtung war das „cingulum balistareum“: Der Schütze stellte die Armbrust mit dem Bogen nach unten und schob seinen Fuß in den Steigbügel. Mit dem am Gurt befestigten Doppelhaken fing er die Sehnenmitte auf, spannte durch Aufrichten seines Körpers den Bogen und schob die Sehne in den Einschnitt in der Nuss.

Mit der Fertigung von Armbrüsten befassten sich spezialisierte Handwerker, die Armbrustmacher. In den mittelalterlichen Städten des 14. und 15. Jahrhunderts gehörten sie zu der zahlenmäßig mittelstarken, aber gut situierten Handwerkerschicht, die neben der Fertigung die Aufgabe hatte, in Zeiten der Bedrohung als Schützen die Mauern zu verteidigen.

Auf der Burg Bartenstein wurde bei den Grabungen zwischen 2003 und 2017 bislang 56 Armbrustbolzen geborgen.